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Die Entwicklung des Meininger Karnevals

Die Herausbildung fester Vereine

Noch eine Vorbemerkung: Dieser Überblick wurde von unserem ehemaligen Elferratsmitglied Kurt Patze wahrscheinlich 1996 erarbeitet. Mir stand nur eine relativ schlechte Kopie zur Verfügung.

 

Diese habe ich gescannt und das „Bild“ wieder in Text umgewandelt.  Es gibt entsprechende PC-Programme.  Der Zweck dieser „Rückumwandlung“ bestand darin, dass an diesem Text eventuell weiter gearbeitet werden kann, ohne noch mal alles abzuschreiben.


Eine Vorbemerkung

Eigentlich kommt der Begriff Karneval vom italienischen Wort Carnevale, das ungefähr soviel bedeutet wie ,,Fleisch leb wohl". Er hängt also mit Bräuchen zu Beginn der Fastenzeit zusammen und hat somit religiösen Ursprung.


Fasching ist eigentlich nur der bayrisch-österreichische Ausdruck für Fastnacht, die Zeit vor dem Fasten.


Im Mittelalter entwickelten sich bestimmte Bräuche zu dieser Zeit wie Mummenschanz, Fast­nachtsspiele und Völlerei. In Deutschland entwickelten sich im 18. Jahrhundert in den Städten Redouten und Bälle unter der italienischen Bezeichnung Karneval. Sie wurden zwischen dem Dreikönigstag und Aschermittwoch begangen.


Im Jahre 1823 entwickelte sich besonders im Rheinland der Karneval. Hier wurde 1829 erstmals in Aachen ein Festkomitee auf 11 Mitglieder beschränkt und den einzelnen Mit­gliedern bestimmte Funktionen zugeordnet - Elferrat. Die erste vorbereitende Sitzung wurde auf den 11.11. gelegt.

 

Der Karneval in Meiningen war oft totgesagt. Doch er war nie tot. Immer wieder fanden sich Menschen, die Narretei und Humor liebten, die unter der Maske des Narren dem Mitmenschen oder dem Regierenden den Spiegel vor das Gesicht hielten, die einmal aus sich heraus wollten, nur lustig und fröhlich sein wollten. Natürlich stand er immer   etwas   im   Schatten   der Karnevalshochburg Wasungen.  
                   

Die Anfänge

Wann genau die ersten karnevalistischen Veranstaltungen in Meiningen durchgeführt wurden, ist nicht bekannt.

 

Im 19. Jahrhundert waren Maskenbälle und ähnliche Vergnügen zur Karnevalszeit in Meiningen schon populär. In der Chronik der Stadt Meiningen, Teil II befindet sich folgender Hinweis:

 

 „24.1.1787 war im  Redoutenhause  des Englischen Gartens ein großer Maskenfreiball, auf welchem mehr als 400 Masken erschienen.“

 

Veranstalter  waren Gastwirte und vor allem die Vereine,  allem voran die Meininger
Schützengesellschaft. In den Meininger Anfragen und Nachrichten von 1825 ist folgendes
Zu  lesen:

 

Mit höchst gnädigster Erlaubnis wird auf Dienstag, den 15. Februar des Jahres im Saale des Sächsischen Hofes Redoute gehalten. Das Entree kostet 36 Kr. und es können nur anständige Masken zugelassen werden. Ich werde mir  angelegen sein lassen, für Speisen, Getränke und Erfrischungen aller Art bestens zu sorgen und fortwährend  vier Wagen zu in Abholen und Nachhausefahren der Masken in hiesiger Stadt unentgeltlich bereit zu halten.

 

Schon 1867 wurde am 5. März ein großer Maskenhall im Herzoglichen Hoftheater durchgeführt. Auch Schützengesellschaft führte  schon Maskenbälle durch.

 

1868 fand im herzoglichen Residenzschloss  eine Maskerade statt, zu welcher außer den hohen fürstlichen  Personen  auch  Gäste aus Coburg  und Hildburghausen  geladen waren. Am  29.1.1868 lud der Herzog zum Ball ins Hoftheater ein.

 

Das  Jahr 1870 sollte einen neuen Höhepunkt  im karnevalistischen  Leben der Stadt bringen.

 

„Werra Narrhalla“ - der erste Meininger Karnevalsverein

Im Meininger Tageblatt vom 12. Januar 1870 ist zu lesen, dass am 19.1. die Sitzungen des Karneval-Vereins im Schützenhause beginnen. Alle Freunde des Karnevals wurden zu dieser ersten Sitzung, die mit der Wahl des Vorstandes verbunden war, “ergebenst" eingeladen. Der Einlader nannte sich „Das Provisorium". Diese ist der erste bekannte Hinweis auf die Existenz eines Karneval-Vereins in Meiningen. Der Verein muss große Aktivitäten entwickelt haben.

Am 5.2. erfolgte der erste Narrhalla-Ball. Es erfolgten sogenannte  ,,Schleifenbälle und
Damenvisiten“  Jeweils mittwochs erfolgte eine ,,ordentliche" Sitzung des Vereins Werra­Narrhalla im Schützenhaus. Der absolute Höhepunkt war der Fastnachtsdienstag, der 1. März 1870. Um 15.00 Uhr begann ab Schützenhaus ein großer ,,Faschingszug" Im Anschluss daran begann die 6. ,,ordentliche"  Sitzung im Schützenhaus. Danach begaben sich alle Teilnehmer des Faschingszuges zum Maskenball ins Herzogliche Hoftheater.

 

Nach einem Zeitungshinweis soll es der erste Faschingsumzug in Meiningen gewesen sein. Der Fotograf Hausßen bot Fotografien des Umzuges in seinem Atelier zum Verkauf.

 

Durch den Verein wurde eine Karnevalzeitung, genannt ,,Hütes", herausgegeben, die so großes Interesse fand, dass die Druckerei Marbach eine zweite Auflage herausbringen musste. Ehre große Verlosung mit humoristischen Kunstgegenständen ergänzte die Veranstaltungen.


Leider ist es noch nicht  gelungen, ein  Exemplar der damaligen  Karnevalszeitung aufzufinden.

 

Eine Schilderung  des Faschingszuges wurde am 14.3.1870 im Meininger Tageblatt abgedruckt. Sie wird hier wörtlich wiedergegeben.

 
Ein Carneval in Meiningen

Unter dieser Ueberschrift bringt die „Deutsche Allgemeine Zeitung“ in einer ihrer neuesten Nummern  eine sehr lebensvolle Beschreibung des Faschingszuges  der Werra-Narrhalla, die wir, da die uns für das „Tageblatt“ zugesagte Schilderung uns nicht zugegangen ist, im Auszug nachträglich zu unserer kurzen vorläufigen Mittheilung  in Nr. 50 mittheilen.


Eine so große Menschenmenge, wie sie am 1. März d.J. durch die Straßen wogte, hatte die gute Stadt Meiningen wohl kaum noch in ihren Mauern friedlich beisammen gesehen. Es war, als ob die Bevölkerung des ganzen Landes  sich in der Residenz ein Rendezvous geben wollte. 

 

Jedenfalls war aus den näher liegenden Städten, Flecken und Dörfern alles herangezogen, was sich irgendeinen freien Tag machen konnte, denn es handelte sich um nichts Geringeres, als ein hierzulande ganz ungewohntes  Schauspiel auf offener Straße zu sehen: einen Carnevalszug, der durch sein Programm große Erwartungen erregte, die durch seine Ausführung noch übertroffen wurden.

Auf Anregung und unter dem Vorsitze des Hrn. Menzel, eines unserer beliebtesten und geachtetsten  Hofschauspieler, hatte sich hier im Januar ein Faschingsverein, die Werra-Narrhalla, gebildet, in deren regelmäßigen Versammlungen sehr ergötzliche Vorträge gehalten wurden, wovon eine Auswahl im „Hütes“  (so genannt nach dem Lieblingsgerichte der Meininger), erschien, dem Organ der Werra-Narrhalla.  Die Mitglieder der Werra-Narrhalla  zählten bald nach Hunderten, vergaßen bei ihrer Munterheit der Armen nicht und ließen zuletzt ihre närrischen Geistesfunken  im Brillantfeuer  des Faschingszuges zusammenschlagen, der wirklich ein sehr stattliches  und ergötzliches Ansehen gewann.  Wie sich von selbst versteht,  bildeten Localbeziehungen die Grundlage des Programms,  welches übrigens  kosmopolitische Anspielungen nicht ausschloß.

 

Der Zug wurde eröffnet durch einen Herold zu Pferde (die sehr gelungene Kopie einer hiesigen polizeidienerlichen Notabilität); dann folgten Narrenfahnenjunker zu Fuße und ein phantastisch ausstaffiertes Orchester zu Wagen. Hierauf wurde die Gründung und Entwicklung der Haupt- und Residenzstadt  Meiningen durch Symbole, historische, gewerbliche und landwirtschaftliche Gruppen sehr hübsch veranschaulicht.  Dem neuen Meiningen  waren 2 Gruppen gewidmet, deren erste es ausschließlich mit dem „Hütes“, einem kolossalen Kartoffelkloße, dem schon erwähnten Leibgerichte, zu thun hatte,


während die 2. die Pflege des classischen Dramas  auf unserem Hoftheater symbolisch darstellte.


Zuerst kamen auf dem Thespiskarren Oedipus und Antigone; dann auf einem Wagen die typischen Figuren der italienischen Komödie; ein anderer Wagen stellte die Schenke von  Eastheap vor mit Falstaff und seinen Zechkumpanen; ein 3. Wagen  brachte Wallenstein, Egmont, Götz von Berlichingen usw. Es würde zu viel Raum in Anspruch nehmen, alle übrigen Gruppen der reihe nach zu schildern, doch darf ich diejenige nicht unerwähnt lassen, welche den Unfehlbarkeitscarneval in Rom zur Anschauung  brachte. Wir sahen den dogmenschmiedenden  Papst in einem Wagen, gezogen von leibhaftigen päpstlichen „Bullen“, welche in anderer Gestalt bekanntlich nicht mehr ziehen wollen.  Unter dem harmlosen närrischen Gruppen machte sich besonders die des Prinzen  Carneval und seines Hofstaates, des Königs Gambrinus und seiner Zechgenossen und die eines  Bärenführers bemerkbar.  Der Zug bewegte sich vom Schützenhause vor der Stadt über die Werrabrücke durch die Bernhardstraße nach dem Schlosse zu und  war so lang, dass er fast die ganze Straße ausfüllte.

 

  Vom Schlosse aus ging es dann durch die anderen Hauptstraßen der Stadt nach dem Schützenhause zurück. Alles verlief in schönster Ordnung, obgleich der Menschenandrang ungeheuer war. 
                    

Schon im Jahre 1871 (Kriegsjahr) war von diesem Verein nichts mehr zu hören.

 

1873 wurde neben den vielen Bällen durch die Vereine ein großer Maskenball am 8.2. im Schützenhaus durchgeführt. Der Schützenverein, der Verein Erholung, der Sängerkranz  und die Künstlerklause führten diese Veranstaltung gemeinsam durch.
 

Im Jahre 1875 war auf Grund der großen Schäden durch den Stadtbrand von 1874 keine  Rede vom Karneval.


1876 wurde erneut der Versuch unternommen, eine Karnevalsgesellschaft zu gründen.

 

Am 4.11.1876 erschien im Meininger Tageblatt folgende Anzeige:

,,Alle Freunde harmloser Narr- und Tollheiten, welche gesonnen sind, einer zu bildenden Carnevalsgesellschaft beizutreten, sind heute Sonnabend 8.00 Uhr in das Deutsche Haus zu einer vorläufigen Besprechung eingeladen.

Meiningen, 4.11.1876

 

Das provisorische - närrische Komitee"

Am 7.11 wurde in der selben Zeitung berichtet, dass die Beratung wegen  ,,massenhaft vorfindlicher Rekruten,, nicht durchgeführt werden konnte und auf den 7.11. verlegt wurde. Ob diese Gesellschaft zustande kam, ist nicht bekannt.


Die Zeit von 1900 bis 1936

Im  Jahre 1903 ist erneut ein Versuch unternommen worden, einen Karnevalsverein zu bilden. Am 2.2. war im  Meininger Tageblatt zu lesen:

,,Fidele und humorvolle Herren, welche sich zur Gründung einer Carnevalsgesellschaft  beteiligen wollen, werden gebeten, Mittwoch, den 4.2. abends 8 ein halb Uhr beim Dr. Monoel  im Reinhardskeller sich einzufinden. Ziplizaplicollimolli kommt auch."

 

Über das Ergebnis ist nichts bekannt. Der Karneval wurde nach wie vor von den existierenden Vereinen der Stadt getragen. Von den zeitweise über 180 bestehenden Vereinen schlossen sich  wenig aus. Zumeist waren die Bälle und karnevalistischen Darbietungen nur für die Vereinsmitglieder. Oft wurden ganze humoristische Stücke aufgeführt.


Eine Besonderheit war auch der Eisfasching auf dem Theaterteich. 1911 stand er unter
Motto:  „Alt Meiningen auf dem Eis."

 

1914 wurde durch die Schützengesellschaft,  den Vereinen Liedertafel-Erholung dem
Männerturnverein und dem Sängerkranz wiederum eine gemeinsame Veranstaltung im
Schützenhaus durchgeführt. Sie stand unter dem Motto: „Rheinischer Karneval."

 

Im Jahre  1922 waren wenige Veranstaltungen zu verzeichnen. Der Eisenbahnerstreik, verbunden  mit Kohlenmangel und die Teuerung verhinderten dieses. Trotzdem fand am 28.2. ein Maskenball   der Schützengesellschaft statt.

 

Am 2. Februar 1929 führte der Verein für Leibesübungen 04 sowie die Rad- und  
Kraftfahrerunion  im Meininger Schützenhaus eine Veranstaltung unter dem Motto: „Meininger Karneval" durch.

 

700 Besucher kamen zur Veranstaltung. Die Presse verkündete optimistisch,  dass diese Veranstaltung jährlich wiederholt und ausgebaut werden soll, bis dieser Tag wirklich zum „Volkstag" wird. Aber all diese Aktivitäten führten nicht zur Gründung eines festen Vereins.

 

P.S.

Dass es auch andere Stimmen zum Karneval gab, zeigt ein Artikel im Meiniger  Tageblatt vom  27.1.1929. Hier sprach sich die Reichsleitung des evangelischen Männerbundes gegen solche Feiern in dieser Zeit aus. „Ausgerechnet in der Stunde, da das Volksleben noch aus tiefsten  Wunden eines der schwersten Wirtschaftskämpfe blutet.

 

Weiterhin nennt  der Verfasser den Karneval ein ,,.... ödes und vom Alkohol beherrschtes Fastnachtstreiben.“  


Meininger Volksfasching unter der Obhut des KdF (1937-1939)

Nach den aufgezeigten Versuchen zur Herausbildung ein es großen Faschings in Meiningen scheint es im Jahr 1937 gelungen zu sein, ein festes Org-Komitee zur Vorbereitung des Faschings zu bilden.

 

Am 13.1.1937 war in  der Thüringer Landeszeitung zu lesen, dass vom 7.2.-9.2.1937 der Meininger Fasching durchgeführt wurde. Er stand unter Leitung des städtischen Verkehrsamtes  und der  Organisation KdF (Kraft durch Freude).

 

Am 19.1. wurde berichtet, die Veranstaltungen am 6.2. auf nur einen Tag zu verlegen.

 

In den nachfolgenden Ausgaben berichtete oben genannte Zeitung über weitere Aktivitäten  des Organisationskomitees. So wurde zum Wettbewerb um den schönsten Wagen, zum großen Lügenwettbewerb und weiteren Aktivitäten aufgerufen. Das Motto des Faschings lautete: “Alle machen mit!“ Die Schulen sollten an diesem Tag geschlossen bleiben und die Betriebe wurden aufgefordert, ab 12.00 Uhr zu schließen, so dass allen Volksgenossen eine Teilnahme am Umzug ermöglicht wurde.

 

Wasungen, das anfänglich über den Termin 6.2. und das Entstehen einer Konkurrenz verschnupf war, erklärte sich bereit, einen Festwagen nach Meiningen  zu senden.


Das Programm sah am 6.2.1937 wie folgt aus:

  • Werbeumzüge durch die Schule am Vormittag
  • 13.30 Uhr Empfang des Prinzen Heinrich der I. auf dem Markt und Übergabe der Regierungsgewalt durch den Bürgermeister
  • 14.30 Uhr Umzug durch die Stadt

 

Danach erfolgte der Kinderfasching und abends auf vier Sälen Tanz mit karnevalistischen Einlagen.

 

In weiteren 33 Gaststätten fanden ebenfalls karnevalistische Veranstaltungen an diesem Tag statt.

 

Der 3. Meininger Volksfasching im Jahre 1939 stand unter dem Motto: ,,AIle unter einem Hut"


Dieses Motto entsprach der Idee von der Volksgemeinschaft in dieser Zeit. Die Schirmherrschaft hatte wiederum der Kreisleiter Dr. Köhler übernommen.

 

Am 2.2. erfolgte ein Aufruf an die Bürger, aktiv an der Gestaltung des Karneval mitzuarbeiten, die Häuser zu schmücken usw. Unterschrieben war der Aufruf vom Landrat, Bürgermeister und Kreisleiter. Ab 10.2. erfolgte der Verkauf der Plaketten zum Preis von 30 Pfennig. Am Sonnabend, dem 18.2. war es dann soweit.


Hier der Ablauf:

  • 10.00 Uhr Umzug der Schüler
  • 10.00-14.00 Uhr Konzert zum Wochenmarkt
  • 13.00 Uhr Umtrunk des Elferrates unter dem Faschingshut auf dem Markt
  • 13.30 Uhr Abholung des Prinzen Franz-Hugo L und Prinzessin Friedel
  • 14.00 Uhr Umzug vom Schützenplatz zum Markt
  • 14.45 Uhr Festakt auf dem Markt
  • 15.15 Uhr Fortführung des Umzuges
  • 15.30 Uhr Vorbeimarsch des Festzuges am Landestheater
  • 15.45 Uhr Kinderumzug zum Schützenhaus und dort Kinderfasching von 16:00 Uhr - 18:00 Uhr           
  • 19.00 Uhr Öffnung der Faschingssäle Schützenhaus, Oberes Tor, Loreley, Rautenkranz, Kaiser Friedrich, Stimmung in weiteren ca. 20 Gaststätten  

 

Der Fasching  war auch in diesem Jahr beim KdF angesiedelt. Am Faschingsdienstag wurde ein Ball im Landestheater durchgeführt. Die Schützengesellschaft hatte ihren Karneval bereits am 4.2. durchgeführt. Dieser Karneval sollte der letzte große Karneval in Meiningen für lange Zeit sein.

 

Schon 1940 und 1941 wurde der Karneval mit keinem Wort mehr erwähnt. In wieweit diese Veranstaltungen nur ,,aufgezwungen" waren, wie teilweise behauptet wird, kann nicht eingeschätzt werden.

 

Seit dieser Zeit hüten sich die Wasunger vor einer Revanche der Meininger Karnevalisten und geben aus „Sicherheitsgründen“  den Prinzen erst zur Prunksitzung bekannt.

 

Im Jahre 1937 fand der Karneval am 6.2. in Meiningen statt. Wahrscheinlich wurde durch die mündliche  Überlieferung  einiges  ausgeschmückt  oder  das  Datum  verwechselt.

 

Untersuchungen ergaben, dass im Jahre 1938 der Meiniger Karneval zwar am 6.2. geplant war, aber dann auf den 26. und 27.2. verlegt wurde. Eine vorherige Entführung hätte wohl keine große Wirkung gehabt. Im Jahre danach fand der Karneval am 18.2. statt. Egal wann, die Meininger Karnevalisten haben noch eine Entführung gut.


Der Meininger Karneval zwischen 1945 und 1990

Mit der Stabilisierung des gesellschaftlichen Lebens nach dem Ende des 2. Weltkrieges fanden in den fünfziger Jahren auch wieder Maskenbälle mit humoristischen Einlagen statt. Daraus bildeten sich langsam eigenständige Gruppen. So wurde bereits 1947/48 im Wohngebiet um die Kreuzbergschenke und Felsenkeller, genannt ,,Indianerviertel" durch eine feste Gruppe der Karneval organisiert.


Zum Inhalt und den Mitwirkenden der Veranstaltungen

 

Der Inhalt  der Bütten, Lieder, gespielten Szenen und ähnlicher Beiträge kann in folgenden Schwerpunkten gegliedert werden:

  • Probleme des Handels und der Versorgung
  • Örtliche Ereignisse
  • allgemeinmenschliche Schwächen der Mitbürger
  • Parodien auf bekannte Lieder, Schlager und Tänze

 

Politische Themen wurden kaum aufgegriffen. Sie waren schwer gekonnt darzubieten und konnten auch leicht bei einigen übereifrigen Funktionären Anstoß erregen.

 

Als  Mitwirkende traten in allen Fällen Laien auf die oft bei ihren Beiträgen erstaunliche künstlerische  Talente entwickelten. Leider oft eben nur heim Karneval.

 

Eine Besonderheit war die Herausbildung von Männertanzgruppen die zumeist als Frauen verkleidet oft den Höhepunkt der närrischen Veranstaltungen darstellten.

 

Unter alten Karnevalisten wird folgende Begebenheit erzählt:

Als im  Jahre 1938 plötzlich der Meininger Karneval in aller Munde war, kam eine Gruppe Wasunger Karnevalisten auf die Idee, den Meininger Karnevalsprinzen zu entführen. Am 7.2. 1938 soll sich die Gruppe auf den Weg nach Meiningen begehen haben. Vor dem Finanzamt gelang es, den Prinzen zu einer Stadtrundfahrt mit dem mitgebrachten LKW zu überreden. Die Fahrt ging jedoch nach Wasungen, wo der Prinz bis zum nächsten Morgen festgehalten wurde.

 

Die rechtliche Stellung des Karnevals in der DDR

Ähnlich der Volkskunstgruppen waren Karnevalsklubs (der Name Verein wurde möglichst umgangen) keine selbständigen juristischen Personen. Sie mussten einen Träger haben.

 

Dieses konnte ein Betrieb, ein Kulturhaus, eine Massenorganisation oder die Kommune sein. Dieser Träger war auch für den Abschluss von Verträgen und natürlich inhaltlichen Fragen zuständig. Der Träger hatte zur Vereinfachung der Arbeit die Möglichkeit, einen Vertreter des Klubs zur Durchführung des Rechtsverkehrs zu bevollmächtigen.

 

Für die fachliche Anleitung der Klubs wurden die Räte der Kreise bzw. die Kreiskabinette für
Kulturarbeit verantwortlich gemacht. Sie bildeten aus Vertretern der Klubs sogenannte
Kreisarbeitsgemeinschaften, die gemeinsam Probleme berieten, Vorschläge erarbeiteten und auch Qualifizierungsmaßnahmen für die einzelnen Genres durchführten. So wurden z.B. Werkstätten für Büttenredner, für Tanz oder auch Kreistreffen der Karnevalisten durchgeführt.

 

Erst im Jahre 1986 wurde eine Anordnung des Ministers für Kultur der DDR über die
Rechtsstellung, Anleitung und Finanzierung ehrenamtlich geleiteter Karnevalsklubs
verabschiedet. (Gesetzbl. Nr.26 vom 18.8.86) Neu war die Registrierung der Klubs bei den
Räten der Kreise und die Einstufung als Volkskunstkollektiv.

 

Während vor 1945 der Karneval überwiegend durch Vereine der verschiedensten Art in
Meiningen gestaltet wurde, hinzu kamen noch einige Gaststätten, so zeigte sich bis 1990 die
Tendenz, dass spezielle Vereine entstanden, die den Karneval organisierten. Sportvereine,
Gesangsvereine, Gemeinden und ähnliche waren nicht mehr Gestalter des Karnevals.


Die Herausbildung der Meininger Karnevalsgesellschaft

In den sechziger Jahren bildeten sich festere Gruppen, die die Organisation des Karnevals übernahmen. In Meiningen waren das:

  • die Karnevalsgruppe von Kleintirol in der Gaststätte Rinksburg (später im Jugendheim des Wohnbezirks 6)
  • die Karnevalsgruppe im Bereich der Hohen Leite, Dreißigackerstraße (Indianerviertel genannt) im Saal des Hauses des Friedens
  • die Karnevalsgruppe am Jugendklubhaus Artur Becker mit Sitz im Rautenkranz und  später in der August-Bebel-Str. 4 (heute Bernhard-Straße 4)

 

Seitdem ist die MKG aus dem kulturellen Leben der Stadt nicht mehr wegzudenken.
Der Terminplan des Jahres 1996 zeugt davon.

 

So ist aus den vielen Versuchen zur Herausbildung eines Meininger Karnevalsvereins seit 1870 endlich eine Gruppe entstanden, die schon auf über 25 Jahre ihres Bestehens zurückblicken kann.


Nachtrag

Des weiteren arbeiteten in der Stadt Meiningen  noch bis ca. 1989 die Karnevalsgruppen:

  • Karnevalsgruppe der Energieversorgung
  • Karnevalsgruppe des Ortsteiles Welkershausen